Mögliche Entlastung des Staates um über eine Milliarde Euro pro Jahr durch Legalisierung von Cannabis
Neue Berechnungen zeigen, dass selbst bei einer eingedampften Umsetzung der Pläne zur Freigabe von Cannabis, die öffentliche Hand immer noch spürbar entlastet werden könnte. Darüber hinaus sind Einnahmen in Millionenhöhe zu erwarten.
Die geplante Cannabis-Legalisierung, die von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) vorgeschlagen wurde, fällt deutlich weniger umfangreich aus als ursprünglich geplant. Es wird kein kommerzieller Anbau und kein Verkauf von Joints in Fachgeschäften erlaubt sein. Dennoch wird die Staatskasse von den Plänen profitieren.
Laut einer aktualisierten Studie des Düsseldorfer Ökonomen Justus Haucap für das Handelsblatt wird die öffentliche Hand Einsparungen und Mehreinnahmen in Höhe von insgesamt 1,1 Milliarden Euro verzeichnen. Dies ist eine deutliche Reduktion im Vergleich zu den ursprünglichen Schätzungen, die bei einer vollständigen Legalisierung Einsparungen in Höhe von 4,7 Milliarden Euro vorhergesagt hatten.
Die geplante Cannabis-Legalisierung sieht vor, dass der Besitz von Cannabis in Deutschland straffrei wird. Die Ampelparteien SPD, Grüne und FDP wollen den Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis erlauben und den Eigenanbau von höchstens drei Pflanzen legalisieren. Des Weiteren soll der Anbau und die Abgabe der Droge in speziellen Vereinen ermöglicht werden. Allerdings wird der freie Verkauf von Cannabis für Erwachsene in Fachgeschäften erst in einem zweiten Schritt und zunächst in Modellregionen mit wissenschaftlicher Begleitung erprobt werden.
Für die Bundesregierung stehen bei der geplanten Cannabis-Legalisierung nicht die finanziellen Effekte im Vordergrund. Vielmehr geht es darum, den Schwarzmarkt und die Drogenkriminalität zu bekämpfen und den Kinder- und Jugendschutz zu stärken. Dennoch dürften die Einsparungen aufgrund der angespannten Finanzlage der öffentlichen Hand sehr willkommen sein.
Experte prognostiziert einen Bedarf von 400 Tonnen pro Jahr nach Cannabis-Legalisierung
Laut dem Experten Justus Haucap könnte die Legalisierung von Cannabis in Deutschland zu einer Entlastung der öffentlichen Hand führen. Die größte Einsparung in Höhe von 1,05 Milliarden Euro würde durch die Entkriminalisierung entstehen und eine Verringerung des Bedarfs an Polizei- und Justizressourcen bedeuten.
Darüber hinaus könnten durch die Einstellung von Personal in den Cannabis-Klubs Einnahmen in Höhe von 28 Millionen Euro bei der Lohnsteuer und 52 Millionen Euro bei der Sozialversicherung generiert werden. Diese Annahmen beruhen auf ersten Schätzungen, wie der erste Schritt der Legalisierung umgesetzt werden könnte, ohne Berücksichtigung von Modellregionen.
Haucap schätzt den jährlichen Cannabis-Gesamtbedarf auf 400 Tonnen, von denen 120 Tonnen über die Klubs abgedeckt werden könnten. Wie viele Klubs es geben wird, ist noch unklar, aber Haucap geht von etwa 1000 Abgabestellen in Deutschland aus, die jeweils zwei bis drei Mitarbeiter beschäftigen könnten.
Obwohl die Legalisierung von Cannabis in Deutschland zu erheblichen Einsparungen führen könnte, gibt es auch bedeutende Einbußen durch die eingedampften Pläne. Eine mögliche Cannabis-Steuer allein hätte Einnahmen von bis zu 1,8 Milliarden Euro pro Jahr generieren können. Darüber hinaus hätte der Staat durch Umsatz-, Gewerbe-, Körperschafts- und Lohnsteuern mit Mehreinnahmen von über einer Milliarde Euro rechnen können.
In der ursprünglichen Studie von Justus Haucap wurde auch erwartet, dass die Legalisierung von Cannabis in Deutschland bis zu 26.000 neue Arbeitsplätze schaffen würde.
Justus Haucap, ein Experte auf dem Gebiet der Ökonomie, äußerte gegenüber dem Handelsblatt seine Besorgnis darüber, dass die eingedampften Pläne zur Legalisierung von Cannabis in Deutschland einiges an Potenzial verschenken. Er betonte, dass dies nicht nur die Steuereinnahmen betreffe.
Haucap argumentierte, dass es durch die eingeschränkte Legalisierung deutlich schwieriger werde, den Schwarzmarkt auszutrocknen. Ein Teil des Marktes werde somit der organisierten Kriminalität überlassen, was sich negativ auf den Jugend- und Gesundheitsschutz auswirken könne. Ein wirklich legalisierter Markt mit Lizenzierung aller Wertschöpfungsstufen würde diesbezüglich bessere Ergebnisse erzielen.
Darüber hinaus würden die Wertschöpfungsketten weitaus weniger umfangreich ausfallen als bei einer vollständigen Legalisierung.
Haucap warnt vor möglichem Scheitern der Cannabis-Legalisierung
Justus Haucap warnt davor, dass die Pläne zur Legalisierung von Cannabis in Deutschland scheitern könnten, wenn die Gründung der Cannabis-Klubs, der Anbau von Hanfpflanzen sowie die Verarbeitung und der Verkauf in den Klubs mit überbordender Bürokratie überzogen werden. Haucap fordert, dass ein möglichst liberales und nicht zu kompliziertes Regelwerk gefunden werden sollte.
Jedoch spricht sich ein Gutachten des Instituts für interdisziplinäre Sucht- und Drogenforschung in Hamburg, welches von Gesundheitsminister Karl Lauterbach in Auftrag gegeben wurde, dafür aus, den kommerziellen Markt im Sinne des Gesundheits- und Jugendschutzes zu begrenzen. Das Gutachten verweist auf Erfahrungen in Kanada, Uruguay oder einigen US-Bundesstaaten, wo Cannabis bereits legalisiert wurde. Es sei zu erwarten, dass der Konsum nach einer möglichen Legalisierung auch in Deutschland weiter zunehmen werde. Der Gesundheitsschutz für Erwachsene dürfte sich laut den Autoren des Gutachtens zumindest kurzfristig nur geringfügig verändern. Das Gutachten wurde am Dienstag von Lauterbach an die Regierungsfraktionen im Bundestag und die anderen Ministerien verschickt.
Debatte um Zulassung von THC-haltigen Cannabis-Edibles bleibt kontrovers
Die Debatte um die Zulassung von THC-haltigen Cannabis-Edibles bleibt weiterhin kontrovers. Ein Gutachten des Instituts für interdisziplinäre Sucht- und Drogenforschung in Hamburg, welches vom Gesundheitsministerium in Auftrag gegeben wurde, weist auf die Gefahren von Edibles hin, insbesondere für Kinder unter zehn Jahren. Die Anzahl von unbeabsichtigten Vergiftungen und Rauschzuständen bei dieser Altersgruppe sei in Ländern gestiegen, in denen Edibles legal verkauft wurden.
Das Gutachten spricht sich nicht für ein generelles Verbot aus, fordert jedoch, dass legale Cannabisprodukte so gestaltet werden sollten, dass sie für diese Zielgruppe nicht attraktiv sind. Das Gesundheitsministerium betont jedoch, dass ein Verbot für den Kinder- und Jugendschutz unverzichtbar sei.
In der Ampelkoalition wird anders als vom Gesundheitsministerium gedrängt, auf eine Zulassung von Edibles. Die FDP-Gesundheitspolitikerin Kristine Lütke argumentiert, dass diese Konsumform von Cannabis weniger gesundheitsschädlich sei und deshalb erlaubt werden müsse, ansonsten würden sich Dealer darauf spezialisieren und das Ziel, den Schwarzmarkt zurückzudrängen, verfehlt werden. Die Experten weisen jedoch darauf hin, dass der legale Markt so reguliert werden müsse, dass der Konsumanstieg auf einem niedrigen Niveau gehalten werde.